Archiv für den Monat: März 2015

Zolpidem als Parkinson-Medikament

Wirkung von Zolpidem bei Parkinson

Ich habe einen sehr interessanten Bericht gefunden, über ein Medikament, dass bei Parkinson nach meiner persönlichen Erfahrung hervorragend hilft. Leider wird das Medikament nur als Einschlafhilfe, nicht aber für Parkinson verschrieben (sogenannter Off-Label use). Die Wirkung ist aber so dramatisch gut, dass ich das hier mal beschreiben möchte. Die Studie ist auf Englisch, ich habe aber die wichtigsten Punkte übersetzt.

Zolpidem als Parkinson-Mittel (Off-Label Use)

Zolpidem ist ein den Benzodiazepinen sehr ähnliches Medikament und somit nicht zur andauernden Einnahme empfohlen. Es kann bei bestimmten Personen (nicht allen) schnell zu einer physischen, aber auch psychischen Abhängigkeit führen. Trotzdem lohnt es sich, dieses Medikament genauer zu betrachten, denn es gibt Parkinson-Patienten, die eine dramatische Verbesserung ihrer Parkinson-Symptome erfahren haben, nach dem Sie Zolpidem eingenommen haben (ich gehöre auch dazu). Das hat mich neugierig gemacht und ich habe interessante Informationen im Web gefunden.

http://sellaslifesciences.com/biopharma/pipeline-and-rd/zolpidem/

Dort wird sogar beschrieben, warum Zolpidem bei manchen Parkinson-Patienten so besonders wirkt. Dazu muss man folgendes wissen: Zolpidem ist ein selektiver Agonist (Verstärker) der GABA-A-Rezeptoren BZ1 im Gehirn. Die höchste Dichte solcher Rezeptoren sind in den Ausgängen der inhibitorischen (hemmenden) Strukturen der Basalganglien (dort liegt die Bewegungssteuerung) zu finden:

• im inneren Globus pallidus (GPI)

• in der Substantia nigra pars reticulata (SNr)

Diese beiden hemmenden Strukturen (GPI und SNr) sind bei Parkinson abnorm überaktiv, was zu einer verringerten Aktivität der willkürlichen Motorik (willentliche Bewegungen) in den kortikalen Arealen führt. Die Wirkung von Zolpidem auf diese Bereiche ist eine selektive Hemmung der GPi und SNr, was zu einer erhöhten Aktivität der willkürlichen Motorik in den kortikalen Arealen führt. Dies kann zu einer Verringerung der motorischen Parkinson-Symptomen führen, man kann sich also wieder besser bewegen.

Auf gut Deutsch: Zolpidem nimmt den Fuß von der Bremse des motorischen Systems und das ohne Überbewegungen zu erzeugen! Warum?

Der Körper reagiert auf die Wirkung von Zolpidem mit einer Ausgleichs-Hochregulierung der GABAA-BZ-Rezeptoren in deafferentierten (voneinander unabhängigen) Hirnstrukturen, nämlich den GPi und der SNr (siehe Schaubild unten). Alles in allem wirkt Zolpidem wie eine Normalisierung des Regelkreislaufs der für die willkürlichen Bewegungen verantwortlich ist, in dem er die (krankhaft) überaktiven Teile des Regelkreises hemmt und so praktisch Gas gibt für die Beweglichkeit.

Interessanterweise gilt das nur für eine Untergruppe von Patienten, die auf Zolpidem nicht mit Schläfrigkeit (also der eigentlichen Indikation) reagieren.  Diese erfahren statt dessen eine verbesserte Hochregulierung von GABA-Rezeptoren im BZ1, GPi und SNR.

Weitere von mir beobachtete Wirkungen sind: Beruhigung, Entspannung, weniger bis kein Tremor (Zittern), psychologische Wirkung in Angstlösung und Antidepressiver Wirkung.

Ferner habe ich im Netz Hinweise darauf gefunden, dass Zolpidem bei der sonst sehr therapieresistenten Kamptokormie (als Kamptokormie wird eine unwillkürliche vorwärts gerichtete Beugung des Rumpfes bis zu 45° (und mehr) bezeichnet, die leider bei der starken Form des Parkinson auftreten kann) wirkt.

zolpidem

Eine weitere Studie bestätigt das an einem praktischen Beispiel

Positive Wirkung von Zolpidem bei Parkinson ein weiteres Beispiel.

Wie schon bei mir selbst beobachtet, wirkt Zolpidem sehr positiv auf Parkinson-Symptome. Dies wurde in einer Studie sogar schon 2012 bestätigt:

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22879118

Es geht um eine 61-jährigen Hausfrau die seit 12 Jahren schwer an Parkinson erkrankt war. Die positive Wirkung von Zolpidem auf ihre neuropsychiatrischen und motorischen Symptome wurde schon Anfang Juli 2009 erkannt. Sie konnte sich nach der Einnahme von Zolpidem in der Regel mit ihrem Betreuer unterhalten und mit Hilfe zu Fuß gehen. Die positive Wirkung hielt für rund 2 Stunden an. Ihr wurde dann Zolpidem in der Dosierung von 10 mg dreimal pro Tag gegeben. Die neuropsychiatrische Leistung steigerte sich durch das Zolpidem deutlich. Um diese überraschende Eigenschaft zu verstehen, wurde bei der Patientin ein FDG-PET durchgeführt, einmal mit und einmal ohne Zolpidem. Die Ergebnisse zeigten, dass der Stoffwechsel in den rechten frontalen, parietalen Kortex und im Nucleus caudatus bei Parkinson-Patienten normalerweise reduziert ist. Durch Zolpidem konnten der Stoffwechsel in diesen Bereichen teilweise wiederhergestellt werden.

FAZIT: Zolpidem verbessert die neuropsychiatrischen und Parkinson-typischen motorischen Symptome. Da die GABAA Benzodiazepin-Rezeptoren im ganzen Zentralnervensystem verteilt sind, wirkt Zolpidem wahrscheinlich über eine Modulierung der Strukturen innerhalb der kortiko-subkortikalen Schleife oder durch eine direkte Wirkung auf die kortikalen Regionen.